Antwort auf: Zuletzt gesehen II von Travis

Vince
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Babel
Ich weiß ja nicht... für mich klar der schwächste Teil der Inárritu-Trilogie, weil ziemlich konstruiert, auch wenn die Verbindung der Elemente durch die Ausweitung des Handlungsspielraums auf drei Kontinente natürlich viel mehr Probleme birgt als die Szenarien aus "21 Gramm" und "Amores Perros". Klar kriegt man tolle Schauspielerdarbietungen geboten (mutig: Koji Yakusho, beeindruckend: Brad Pitt, der arg an Benicio del Toro in "21 Gramm" erinnert) und das Konzept, die mangelhafte Kommunikation einer sogenannten "Kommunikationsgesellschaft" aufzudecken, ist reizvoll; die Handlungsfolgen bauten sich mir aber zu wenig zwingend auf und so blieb der Sog diesmal aus, mit dem man sonst in die Filme von Inárritu gezogen wird. 6/10

Little Man
Von der Form her so ein widerlich langweiliger Komödieneinheitsbrei, dass ich niemandem eine Empfehlung aussprechen möchte; auch die Gags sind unter aller Kanone und eigentlich wäre das Ganze nicht dieser Zeilen wert... wäre, denn ich finde, man MUSS einfach mal gesehen haben, wie dieses hässliche Wayans-Gesicht einen kompletten Film lang auf dem Körper eines Kleinkindes klebt. Das ist so ein pervers-bizarrer Anblick, dass man echt den ganzen Film lang mit gerümpfter Nase vor dem Fernseher sitzt. Ehrlich, jedes Mal, wenn der Wayans-Wicht im Bild erschien, verzog sich mir alles im Gesicht - aus Abscheu, Mitleid, ich weiß es auch nicht. Faszinierend war es aber. Ein schlechter Film natürlich auch. 4/10

El Topo
War nicht ganz so ausgeflippt wie "der heilige Berg" und hat mir deswegen auch besser gefallen. Die Bildkompositionen erschienen mir durchkomponierter und überhaupt ist der Revolverheld ziemlich kultig. Da ich momentan auch noch ein bisschen im Westernfieber bin, gibbet mal ordentliche 8/10

Der Beweis - Liebe zwischen Genie und Wahnsinn
Unverstandene Genies - das hatten wir in ähnlicher Form schon in "Good Will Hunting" und "A Beautiful Mind". "Der Beweis" ist ungleich platter als die genannten Exemplare, gibt vor, einem genialen Hirn auf den Grund gehen und das ganze schlüssig mit Liebes- und Familienproblemen verknüpfen zu wollen, geht dabei aber in vollkommen typischem Hollywoodkitsch unter. Noch dazu ist der Film ziemlich merkwürdig gecastet. Vor allem Gwyneth Paltrow nimmt man ihre Rolle keine Sekunde ab und Hope Davis mochte ich eh noch nie besonders. 4/10

Die Brücke von Arnheim
Der hat mir aufgrund seiner nüchternen, distanzierten Perspektive ausgesprochen gut gefallen. Keine Spur von Pathos, bloß ein strategischer Blick auf ein von den Aliierten fehlkalkuliertes Szenario, das im Chaos endet. Der Einsatz der prominenten Starriege - Michael Caine, Sean Connery, James Caan, Robert Redford, Gene Hackman, Anthony Hopkins und und und - hat mich stark an "Der schmale Grat" erinnert, so unauffällig wie sie sich in den Cast einschmiegten und so unheroisch, so "normal" wie sie von der Kamera eingefangen wurden. 8/10

The Quiet
Ich muss sagen, ich bin überfordert, das Ganze mit einer Note zu belegen, denn was ich da gesehen habe, fällt mir ziemlich schwer, einzuordnen. Ich glaube, in der Endbetrachtung komme ich zu dem Fazit, dass es dem Film nicht gelingt, besonders tief zu graben. Das mag an den Charakteren liegen, die in der Anlage allesamt und ohne Ausnahme Klischees der schlimmsten Sorte sind. Auch wenn sich einige dieser Charaktere (Elisha Cuthbert, Martin Donovan) im Laufe der Spielzeit noch ein paar Facetten aneignen, die über das Klischee hinausgehen. Vielleicht liegt es auch am Plot, der bemüht ist, in die Tiefe zu graben, aber immer wieder auf Granit stößt und damit relativ nah unter der Oberfläche bleibt.
Andererseits habe ich einen Film gesehen, der hervorragend gespielt ist (das ging schon fast in "Haus aus Sand und Nebel"-Dimensionen), über eine sehr gelungene Bildsprache verfügt und der auch immer spannend bleibt, gerade weil er eben doch nicht so richtig an der Oberfläche verweilt. So einige ich mich mit Vorbehalt mal auf eine gute 6/10 , wobei bis zur 8 alles drin ist.

Grand Theft Parsons
Ein zum Film aufgeblasenes Nichts mit einem leider nicht sonderlich gut funktionierenden Johnny Knoxville in der Hauptrolle. Immerhin Michael Shannon als verpeilter Hippie sorgt für Spaß und einige gelungene Gags. Der Running Gag, dass der Leichenwagen ständig gegen irgendwas gefahren wird, obwohl zu allen Seiten viel Platz ist, kommt ziemlich gut. Das ist ein zu geiles Bild, wenn es gilt, durch ein 15 Meter breites Tor zu fahren und der Wagen trotzdem gegen den Pfeiler fährt.  
Aber sonst... extrem biedere Regie - also dem Regisseur fällt ja echt gar nix ein, um den Film aufzuwerten - und eine Story, für die es echt keine Verfilmung gebraucht hätte. Noch 5/10

Blumen des Schreckens
Jetzt weiß ich, worauf das LucasArts-Adventure "Day of the Tentacle" anspielt. Auf ein echt geiles B-Movie namens "Day of the Triffids", das wirklich einen Mordsspaß macht wie sonst eigentlich nur Filme von Jack Arnold. Die mutierten Blumen sehen einfach nur geil aus, so schön fleischig und eklig... und wenn da ganze Armeen von den Viechern antreten, ist das schon ziemlich beeindruckend. Dazu die ganze Geschichte mit der Erblindung fast der kompletten Menschheit, das hat so was schön Universelles und erinnert nicht nur durch das Ende an "War of the Worlds". Macht einfach Spaß, so stelle ich mir ein ordentliches B-Movie vor!
7/10 , sogar noch beinahe mit ner Komma Fünf dran.

Ricky Bobby - König der Rennfahrer
Das Gerüst ist wie gemacht für einen Adam Sandler - oder eben Will Ferrell, den Vorzeigekomikern, die vollkommen auf ihr Heimatland spezialisiert sind und deren Humor in Europa deswegen mitunter auch so befremdlich wirkt.
Dem Film wird das Genick gebrochen durch seine eklatante Vorhersehbarkeit bezüglich zweierlei Dinge: dem typischen Loblied auf Familie und Freundschaft sowie dem typischen Verlauf der Karriere eines Sportlers im Wettbewerb. Also: so treffsicher Ferrells Faxen oft im Ziel landen, am Ende weiß man ja doch, wie sich das Skript biegt, um dem Zynismus die Versöhnlichkeit einer intakten Familie entgegenzusetzen. Das ist doch einfach nur noch langweilig. Trotz eines überzeugenden Sacha Baron Cohen und vielen Schmunzlern (echte Lacher wiederum sind leider gar keine dabei). 5/10

Crónicas
Drama-Thriller-Krimi-Gemisch nach einer wahren Begebenheit mit John Leguizamo in der Hauptrolle, der zeigt, dass man Leguizamo wirklich besser als Nebendarsteller engagiert, denn als Identifikationsfigur taugt er nix.
Hier spielt er einen US-Reporter, der in Ecuador eine Reportage über einen Serienkiller dreht, der Kinder tötet. Ein Mann, der aus Versehen ein Kind überfahren hat und seitdem im Gefängnis sitzt, behauptet, er wisse Dinge über den Killer und würde sie erzählen, wenn der Reporter eine Reportage über die schweren Bedingungen im Gefängnis macht, damit er eine Chance hat, entlassen zu werden...
Ein Film, der in Ordnung geht, der solide ist, der auch den EInfluss der Medien auf sich ergebende Realitäten aufzeigt (was wohl auch Sinn und Zweck des Films war), der aber nie wirklich spannend oder sonstwie anregend ist. Dass dann noch mit Plottwists geliebäugelt wird, macht die ganze Sache nicht besser. Als TV-Film wirklich brauchbar, darüber hinaus aber vernachlässigenswert. 5/10

Das Ding aus dem Sumpf
Ein Film zum Liebhaben. Nicht wirklich gut, aber charmant ist es, was Wes Craven (von dem ich ja nicht gerade der allergrößte Fan bin) da zusammenbraut. Schönes 80er-Flair, mit schwarzgelockten Kampfweibern, die langsam die Emanzipation entdecken, Gefäßen mit neongrüner Flüssigkeit (wie beim Re-Animator), Sümpfen, die mit Nebelmaschinen vollgepumpt werden und ultrabilligen Monster-Kostümen. Und einem schwarzen Jungen mit Nickelbrille, der munter Oneliner raushaut und den Sidekick spielt. Dazu ist die Comicherkunft überdeutlich, alleine schon durch die Szenenmontage, die so hergerichtet ist, als würde man ein Comicheft umblättern; aber auch durch die moralische Aussage, dass man den Charakter eines Menschen nicht von seinem Aussehen herleiten sollte. Diesbezüglich weist der Stoff auch viele Parallelen zu "Die Maske" auf, einem Film, der ja ebenfalls auf einem Comic basiert.
Das "böse" Monster am Ende ist allerdings der Höhepunkt der Lächerlichkeit. Selten so ein lächerliches Faschingsmonster gesehen. Wie der Schweinebärmann von South Park, nur noch billiger.  
Aber ich fand ihn richtig charmant, den Film. 6/10

Die Tiefseetaucher  
Wes Anderson und ich, so richtig dicke Kumpels werden wir nicht mehr. Gegen Experimentelles / Sinnentfremdetes / Überintellektualisiertes hab ich ja an sich nichts auszusetzen, aber bei Anderson hab ich irgendwie immer das Gefühl, hier habe die Sinnlosigkeit keinen Sinn - und selbst Sinnlosigkeit sollte sinnvoll sein. Da bekomme ich mal wieder eine Abfolge von Einzelmomenten, zusammengehalten durch das schwer einzuschätzende "Moby Dick"-Motiv (von dem man gar nicht weiß, ob "Cpt. Ahab" Steve Zissou (Bill Murray) das überhaupt ernst meint), diesmal mit etwas mehr Herz als bei den "Royal Tenenbaums" - und sonst nichts. Wie bei der filmzentrale so schön geschrieben steht: Wes Anderson ist zweifellos Meister seiner Disziplin... aber irgendwie hat man immer das Gefühl, diese Disziplin sei vollkommen nutzlos.
Immerhin regt es mich zum Grübeln an und Willem Dafoe rockt als Deutscher Klaus Daimler die Bude! 6/10

Ausgewachsene Kritiken gibt es zu:
Sonata (7/10)
[http://www.ofdb.de/review/53351,298211,Sonata]

Frogs - Killer aus dem Sumpf (4/10)
[http://www.ofdb.de/review/2987,297601,Frogs---Killer-aus-dem-Sumpf]

Fido - Gute Tote sind schwer zu finden. (6/10)
[http://www.ofdb.de/review/99383,297298,Fido---Gute-Tote-sind-schwer-zu-finden]

(Diese Nachricht wurde von Vince am 26.05.2008 15:01 editiert.)

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