Antwort auf: Re:Print am Abgrund - oder doch nicht? von hb

Fohlenfan77
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>>Es komt einfach darauf an, was die Zeitschrift sein möchte. Eine Frauenzeitschrift, die sich mit viel Werbung und journalistisch einfachen Texten kann in der Tat hochprofitabel sein.
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>Die Einschätzung teile ich. Mußte im Vorfeld erstmal gucken, was Burda überhaupt im Portfolio hat. Darunter dann die üblichen Klatsch- und Programmzeitschriften in Hülle und Fülle. Das scheinen die Milchkühe auf der Printwiese zu sein. Streng genommen sind das allerdings nur Illustrierte. Aber trotzdem faszinierend, daß diese Gattung eine solche Sonderstellung einnimmt. Lesen Frauen entschieden mehr? Oder durch diese Häppchenaufteilung nur großflächiger verteilt? Und geben Frauen mehr für Zeitschriften aus?


Warum mehr? Die meisten Frauenzeitschriften kosten "nur" zwischen 1-5 Euro. Und wenn sie teuer sind, liegt (wie in der Mickey Maus) noch ein Extra bei
Ich glaube auch nicht, dass Frauenzeitschriften viel im Abo verkaufen, sondern anhand ihrer Titel (Royals, Hollywood...) im Supermarkt. So wandern die Zeitschriften in den Korb und belasten den Geldbeutel kaum spürbar - "Männerzeitschriften" dagegen kosten selten unter 5 Euro...

>Ich habe dazu leider keine Zahlen an der Hand, würde mich aber interessieren. Wann immer ich beim Arzt Löcher in die Decke starre oder durch den Supermarkt schlendere, begegnet mir eine Übermacht an Zeitschriften, die mich kein Stück interessieren. Die Frauenzeitschriften sind einfach omnipräsent, obwohl beim Arzt das Publikum durchaus gemixt sein sollte.

Wie viele Männer werfen "zufällig" einen Blick in die Bunte oder Gala oder... ?!
Die Leserschaft solch seichter Promi-Magazine ist doch gigantisch! Jeder liest gerne über Skandale
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>Nichtsdestotrotz finde ich das vorangegangene Zitat einfach ermutigend in Zeiten der ganzen Abgesänge.
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>>Für Special-interest-Magazine sehe ich auf dem Printmark dagegen schwarz.
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>Ich müßte dir hier auch beipflichten, will es aber noch nicht. Sagen wir einfach, in der jetzigen Form werden Special-Interests sich größtenteils nicht mehr ewig halten können.


Ich sehe das so: vor einigen Jahren waren Hobby's noch nicht so spezifisch. Nehmen wir wieder die Videospiele oder Computer generell. In den 80er Jahren gab es Zeitschriften, die haben sich mit dem Thema befasst und alle Systeme abgedeckt. Dann wurde irgendwann angefangen zwischen Systemen zu unterscheiden. Beim PC sogar zwischen Hard- und Software und mittlerweile sogar zwischen On- und Offline-Spielen. Da ist es doch klar, dass meine Leserschaft immer kleiner werden muss, je spezifiscer mein Heft wird (auch das Hobby an sich prominenter wurde und die Anhängerschaft zunahm).
Es gibt heute mehrere PlayStation-, XBox- und Nintendo-Magazine (und noch ein, zwei Multimags) zeitgleich auf dem Markt - früher waren es maximal 2, 3 Hefte im Monat.
Waren es früher mal Ansatzzahlen, die weiter über 100.000 lagen, liegen sie heute bei 15.000 (bei alteingesessenen Spielemagazinen)...

>Hier kommt das zweite Zitat ins Spiel. Die eigentliche Kernkompetenz und somit der Kaufgrund wurde und wird immer weiter verwässert, so daß ich als Leser auch einen Privatblog oder eine Newsseite für mein Informationsbedürfnis ranziehen kann. Das müssen nicht mal große Portale sein, von denen natürlich die Inhalte rangetragen werden. Es hat mich zu Cypress-Zeiten schon elendig aufgeregt, daß die Artikel immer kürzer wurden und dann noch zwischen den Schwestermagazinen hin- und hergereicht wurden.
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>Also in mir gibt es den Glauben, daß langfristig sich Qualitätsjournalismus durchaus verkaufen kann. Dafür braucht man eine gute Portokasse und Geduld. Recherche, Hintergründe, Reportagen. Das sind Alleinstellungsmerkmale, mit denen sich ein Heft absolut auszeichnen kann. Gewissermaßen sind nur die traditionellen Konzepte am Ende. Die Zeitschriften müssten sich neu aufstellen und mit so mancher Tradition brechen. Der Anspruch als allumfassende Testinstitution ist überholt. Beschreiben und testen kann jeder mit Tastatur, eine fundierte Meinung und begleitende Eindrücke zur Urteilsfindung liefern, nur wenige. Jetzt kann man mit der GEE um die Ecke kommen, die wohl viele Sympathisanten aber weit weniger Käufer zu haben scheint und in der eigentlichen Form trotz jahrelanger Marktpräsenz gescheitert ist.
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>Das Konzept war für den Massenmarkt bloß einen Tacken zu speziell (gadgetlastig) und vielleicht auch seiner Zeit etwas voraus. Was ich will, ist mehr Text. Mehr geschriebene Worte und mehr klare Standpunkte. Streitbare Meinungen und keine bemühte Objektivität. Persönliche Erlebnisse mit einem Spiel, Einblicke. Also einen transparenten Journalismus, den ich miterleben und mich dann involvieren kann. Nein, kein Big Brother mit eingeschlossenen Redakteuren. Aber doch deutlich weniger von dem abgeschlossenen System mit Wertungskonferenzen. Vielleicht so eine Kreuzung aus 4Players und Game One auf Papier gebannt. Zu überlegen wäre dann noch, ob man nicht versucht, anstatt lediglich mit Informationen oder Kritiken der Erste am Markt sein zu wollen, lieber statt eines Magazins einen Monatsrückblick rauszubringen. Mit viel Interaktion der Community. Also nicht bloßes Abdrucken einzelner Namen mit Kurztexten, Usertests oder Leserbriefen dazu, sondern Diskussionsverläufe von der Webseite, ein Best-of von dem, was um Thema herum passiert ist. Mit einem wirklichen Fokus auf ausgesuchte Themen. Die zehnte Auskopplung einer Serie muß nicht wirklich interessant sein, obwohl ein großer Markt dafür da sein mag. Ich meine: Was läßt sich an einem FIFA 13 denn testen? Stattdessen wäre ein Special zu dummen KI-Patzern des Torwarts doch wesentlich unterhaltsamer. Wertungen dürften frühestens einige Wochen nach Verkaufsstart auftauchen. Als Abbild der Erfahrungen des Leserkreises. Solch ein Projekt würde sich auch zu sammeln lohnen und sicher öfters anbieten, wieder gelesen zu werden. Eine Chronik zu Spielen und dessen Reaktionen darauf. Das wäre authentischer, unverkrampfter und umfassender als "aktuelle" Blitztests, für die man nach dem Kauf keine Verwendung mehr hat. Ein derartiges Projekt wäre radikal, risikoreich, schwer zu koordinieren, aber deswegen einprägsam und gut.


Gegenfrage: Wer würde aber ein solches Printmagazin kaufen? Die Leser wollen doch in erster Linie Infos vor dem Kauf eines Spiels (und einen Fingerzeig in Form einer Wertung). Eine Nachlese fände ich hier verschenkt. Online dagegen, macht sowas schon eher Sinn. Ich denke der Spruch "Nichts ist so alt, wie die Zeitung von gestern" stimmt auch hier...

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