Antwort auf: Re:Englisch Grammatik Frage von DaveTheBrave

Farman
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>Sooo, das hast du wunderhübsch erklärt, wirklich

Oh thx. Ein gar nicht mal so schlechtes Prinzip wär: Wenn's auch nichts gebracht hat, so war es doch immerhin wunderhübsch. Wenn ich das Ding nicht reinknallen konnte, hoffe ich doch, meine zweifelhafte Trefferquote vergessen gemacht zu haben, als ich in Bedrängnis an der Eckfahne mehrmals den Ball hochgehalten hab, bevor er dann ins Aus ging.

>aber es handelt sich nicht um einen Plural, sondern um Gott.

*lol*, der kam jetzt gut. Lässt mich bei meinem neuen Versuch das ganze mit etwas mehr Ehrfurcht und Demut angehen, und unter stärker monotheistisch geprägtem Fokus.

>"I sat on my bed and said to God... You haven't got me yet.
>I know your cunning.
>It's you who take us up to a high place and offer us the whole universe.
>..."
>
>Ist das dann trotzdem korrekt in Anbetracht der von dir angesprochenen Regelung, dass nun das "it" das Subjekt ist?


Kurze, vorangehende Antwort: Ja. Allerdings muss ich das mir (und hiermit auch dir) dafür unter einem völlig anderen Ansatz erklären, auch wenn die rein grammatische Antwort trotz einer gewissen mir so erscheinenden Ambiguität ebenfalls ein klares ja wäre.

Rollen wir den Fall kurz nochmal der Klarheit halber auf, und erwähnen dabei etwas, was ich hätte in meiner Erklärung integrieren müssen: Wenn "you" ein Singular wäre, wäre die Subjekt-Verb-Kongruenz der englischen SVO-Ordnung nicht weniger klar geworden, als wenn es plural wäre, wovon ich ausgegangen bin. "It is you who" wäre auch bei Singular ein offensichtlich ungrammatischer Satz, wenn "you" das Subjekt wäre, denn Singular und Plural von Personalpronomen und dem Verb "to be" weisen in der 2. und in der 5. Person überhaupt keinerlei Unterschiede auf (Verben flektieren in Sachen Numerus und Person praktischer- oder unpraktischerweise im Englischen sowieso fast gar nicht, gibt ja nur das "s" in der dritten Person Singular => Ich glaube, diese Tatsache ist in Fällen wie diesen von Belang): Es heißt bei "Du bist" und bei "Ihr seid" gleichermaßen "you are". Warum also mein Herausstellen der im Vergleich zum Deutschen verwirrend erscheinenden syntaktischen Umgebung für einen Plural? Hiermit haben wir den Übergang: Weil es um den Relativsatz ging. Weil du wusstest, dass „you“ ein Singular ist, erschien dir das verwirrend, dass das Verb im Relativsatz nicht in der dritten Person Singular konjugiert ist, und ich bin auch automatisch davon ausgegangen, dass das Verb bei Singular so flektieren müsste, wie du dir das vorstellst, also ein „s“ drangeklatscht bekommt. Von daher hab ich den Plural ohne den entsprechenden Kontext reininterpretiert und zu erklären versucht, warum er bei „It is you“ aus deutscher und monotheistischer Sicht so schwer zu erkennen ist, womit ich zwar, soviel Selbstgenügsamkeit muss sein, Fakten sprechen ließ, in Bezug auf diesen Fall aber unwissentlich den Holzweg als Abkürzung zur Kirche nahm, um dort semantisches Seelenheil und innere Harmonie besorgen zu gehen.

Aber ohne entsprechenden Kontext unverrückbare (semantische) Glaubenspostulate zu verbreiten heißt, dogmatisch zu sein und das Opium fürs Volk seine Sinne benebeln zu lassen und gewisse (syntaktische) Komplexitäten zu übersehen. Denn: Wenn es überhaupt erst im Singular von „you“, also „du“, allgemein geläufig als zweite Person angesehen, ein „s“ bedurft hätte, dann heißt das ja, dass das Relativpronomen „who“ eine gewisse Eigendynamik gegenüber seinem Bezugswort bekommt. Das „s“ muss nämlich bekanntermaßen nur mit bei „he“, „she“ oder „it“. Denk dir den Satz mal nicht als Relativkonstruktion: „You take us up to a high place and offer us the whole universe”. Zum Teufel, der ist ja völlig in Ordnung.
Es geschieht also was spezielles für unsere deutschen Augen verwirrendes in dieser Relativkonstruktion, das ich hier (du hast immerhin danach gefragt, und ich bin kein Fan von halben Antworten) mal zu entschlüsseln versuche, und das sensationellerweise, und das kann kein Zufall sein, genau zurückgreift auf meinen vorigen Post.

Also: Was genau erscheint uns seltsam bei „It is you who take us up to a high place and offer us the whole universe“ im Vergleich zu „you take us up to a high place and offer us the whole universe“, der uns nicht seltsam erscheint? Die Antwort: Der Bezugsrahmen, in dem Subjekt, Objekt, Relativpronomen und die Verben jeweils aufeinanderwirken. Der ist anders als im Deutschen. Die offensichtliche die Verben „take“ und „offer“ betreffende Frage lautet wie folgt: Womit kongruieren die beiden Verben, mit „who“ oder mit „you“? Und wie ist das bei Relativpronomen im Deutschen?
Hier haben wir den entscheidenden Reibepunkt zwischen grammatisch starren Regeln und dynamischen Aspekten der Sprache, die teilweise durch die Semantik verursacht werden. Für gewöhnlich gilt für das deutsche Relativpronomen im Nominativ, im Gegensatz zum Englischen „who“, dass es das Subjekt des Relativsatzes ist und das Verb danach flektiert: „Es bist du, der...“ oder für gewöhnlich „Du bist es, der uns hoch oben an einen Ort bringt und uns das ganze Universum bietet“. Dritte Person Singular also in Folge des Relativpronomens „der“. Semantisch aber handelt es sich um eine Beschreibung von „Du“. Einen nominativen Relativsatz aber, der sich direkt auf ein „Du“ oder auf ein „Ich“ bezieht und bei dem das Verb nach dem Relativpronomen in dritter Person flektiert, erscheint uns seltsam, weil diese grammatische Regel insgesamt brüchig und offen und scheinbar nicht festgelegt erscheint. „Du, der uns oben an einen Ort bringt, bist Gott“ erscheint zumindest ein wenig wie ein grammatisches Rätsel. Richtig oder falsch? Das solltest du mal deinem Deutschlehrer geben und kucken, ob er überlegt und wie er seine Entscheidung begründen wird. Nach obiger Regel korrekt, und wahrscheinlich im Endeffekt auch grammatisch richtig, aber ein Beigeschmack bleibt. Normalerweise ist es nämlich so, dass Bezugswort und Relativsatz bei gleichem Kasus in Sachen Numerus und Person gleichgeschaltet sind und den Eindruck von Austauschbarkeit und Einsetzbarkeit erwecken, a la „Der uns oben an einen Ort bringt, ist Gott“, was hier nicht funktioniert und deswegen das einheitliche Bezugsgefüge auseinanderbringt. Deswegen die altertümliche Formulierung „Du, der du uns oben an einen Ort bringst, bist Gott“. Deswegen die syntaktische Ausdifferenzierung zwischen Subjekt und Objekt bei einem Satz wie „Es bist du, der uns oben an einen Ort bringt“, wo sich der Relativsatz auf „Es“, das Objekt, bezieht, und das in ihm enthaltene Verb, das in der dritten Person konjugiert ist, nicht mit dem „Du“ kollidiert. „Es“ ist hier eine abstrakte Projektionsfläche für eine Spezifikation, die in dem Fall durch „Derjenige“ eingegrenzt werden könnte, das aber syntaktisch weniger flexibel ist („Du bist derjenige, der...“ ist normal, während „derjenige bist du, der...“ ungewöhnlich wirkt) und einfach zu konkret in seiner Bedeutung ist.
So, im Englischen ist das ein bisschen anders und noch ambivalenter. Bei „It’s you who take us up to a high place” behaupte ich hiermit, dass 1) das “who” nicht bestimmend ist für die Verbkonjugation, sondern im Gegensatz zum Deutschen der Numerus und die Person des Bezugsworts und 2) das Bezugswort theoretisch sowohl das „it“, als auch das „you“ sein kann und davon, wie aus 1) hervorgeht, das take oder das takes abhängt. Die starre SVO-Regel bewirkt ein flexibles Bezugspotential des Relativsatzes im Englischen, wohingegen die flexible Syntax ein starres Bezugspotential im Deutschen bewirkt. Das heißt, dass ich im Englischen sowohl „It’s you who takes us up to a high place“, als auch „It’s you who take us up to a high place“ sagen kann. Das erste wirkt normal für uns, weil im Deutschen der Relativsatz grundsätzlich das “Es” als Bezugswort hat, was aber sowohl vor als auch hinter dem Verb Objekt ist, während im Englischen das “It” automatisch Subjekt und vor dem Verb gelegen ist, trotz dieses Unterschieds auf gleiche Weise wie im Deutschen vom Relativsatz bezeichnet werden kann. Das zweite, also das gegenwärtige Beispiel, wirkt absonderlich, weil die SVO-Ordnung scheinbar unserer Satzordnung in diesem Fall ähnelt, aber das Verb im Relativsatz nach dem Bezugswort flektiert.
Mir fallen während meiner Erklärung bereits einige spezifische unstimmige Details auf, ich kann auch nichts versprechen, aber im Großen und Ganzen bin ich mir sicher, dass das meiste stimmt.

Hach, Grammatik ist Poesie (aber auch anstrengend).

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Ich vermag natürlich besser zu dichten, als wie's hier geschieht. Ich spare mich für später auf.
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