Antwort auf: Re:also, hier meine lieblingsscheiben von King-of-Leon

Farman
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>Es ist klar, dass es bei jedem Film Wiederholungen, Parallelen etc. gibt, doch ist bei "The Departed" die Story eben fast 1:1 umgesetzt worden und trotzdem wurde der Film als eigenständiger Film verkauft.

Die Story ist tatsächlich trotz einiger entscheidender Einschnitte tatsächlich so gut wie 1:1, aber sie fühlt sich komplett anders an.

>Deswegen kann ich Scorcesse hier auch nicht den vollen Tribut zollen. Er hat zwar alles mit seiner Handschrift versehen und das Gerüst ein bisschen umgebaut, aber das war es dann eben auch schon.

Das Drehbuch und die Idee stammen ja gar nicht mal von ihm, das war William Monahan, der schon so einige mittelmäßige mediokre Hollywood-Filme a la "Königreich der Himmel" geschrieben hat. Ich sehe das, um auf deine berechtigte Frage bezüglich meiner Remaketoleranz zurückzukommen, so: Scorsese ist Regisseur und hat seinen Job gemacht. Ich bin grundsätzlich nicht an der Handlung interessiert, sondern an dem, was sie vorantreibt (oder manchmal auch nicht vorantreibt), der Film. Infernal Affairs kann von mir aus nochmal zehn mal remaked werden mit fast eins zu eins Szenen, solange es nicht langweilig wird und es immer ne andere Herangehensweise ist, ist mir das wumpe (was aber natürlich extrem unwahrscheinlich ist). Und IF ist ohnehin Hongkongs erfolgreichste Franchise der letzten Jahre und man kann da nicht gerade von Ausbeutung sprechen, das ganze ist eher gut für seinen Ruf und seine Bekanntheit.

>Der Film hat auf jeden Fall seine Darseinsberechtigung - ich finde ihn schließlich auch klasse - aber für mich bleibt es trotzdem eine Kopie.

Dann kann man auch keine Verfilmung eines Buches gutheißen. Ob nun von einem Medium ins Andere oder von Medium zu Medium - ich finde es völlig falsch am "ursprungstext" orientiert einen Film zu bewerten, da der "ursprungstext" nochmal unzählige urprungstexte hat. Wenn ich dir jetzt sage, das Pulp Fictions Szenen in der Bar, der Tanz und die "Schweigeminute" eins zu eins in ihrer Idee von einem Godard-Film namens "bande a part" kopiert sind, würdest du den Film dann weniger mögen?

>Wäre für mich das gleiche, wenn jetzt ein Remake von Old Boy kommen würde. Das kann ja klasse sein, aber schon allein wegen dem "Ideenklau" ist es lange nicht so gut, wie das Original.

Ich persönlich habe die Übersicht verloren bei dem Gewusel aus Ideenklau. Ich versuche es im Gefühl zu haben, eine schlechte Kopie oder eine intelligente Neuauflage zu erkennen, aber Prinzipien diesbezüglich habe ich keine.

>edit: wollte ich noch anmerken: meinst du nicht, dass du deine "Remake-Toleranz" etwas zu weit öffnest, besonders weil du eben ein Scorcesse-Fan bist? Das beziehe ich jetzt auf das folgende Zitat:
>
>"Die Handlung ist mir doch wurscht, obs das Remake von nem modernen Hongkongklassiker oder das Remake von nem Van Damme oder Chuck Norris ist."
>
>Denn ich könnte mir vorstellen, da du es nicht besonders toll fändest, wenn jemand einen Kitano oder sagen wir mal, einen deiner Lieblingsfilme remaken würde. Kann ich da aber natürlich auch täuschen.


Guter Gedanke. Einen Kitanofilm kann man zwar nicht remaken, weil seine Filme rein gar nix mit ihrer Handlung zu tun haben, aber eine Vorstellung von einem 1:1-Remake von Sonatine würde mich grausen. ABER: Nicht weil ich das prinzipiell falsch finde, sondern weil es wahrscheinlich in die Hose gehen wird. Wenn aber bspw. jetzt jemand wie Martin Scorsese diese Geschichte nach New York verlegt, dem Film einen anderen Titel gibt und was neues draus macht (obwohl die Handlung exakt die selbe ist), würde mich das her anturnen als abschrecken. Man sollte das so sehen: Filme sind ein Spiel, ein Spiel mit Erwartungen und mit Konventionen und "ursprungstexten"... daran habe ich meinen Spaß und darin sehe ich keine Blasphemie. Ich bin wirklich remakeoffen. Ich habe nur eine verhasste Einstellung gegenüber unspielerischem Handeln mit und Pervertieren von guten Ideen, diese Art der Ausbeute ist 99%ig dominierend. Aber solange es gut ist, soll es mir nicht nur recht sein, dann erfreu ich mich sogar dran.

Brian de Palma zitiert ständig Hitchcock, John Carpenter ständig Howard Hawks, die klauen schamlos ihre Ideen und machen aber was eigenes draus. De Palmas "Obsession" btw. ist ein grottenschlechtes Vertigo-Remake, "Carrie" und "The Fury" aber sind genial. "Assault on Precinct 13" ist Rio Bravo gemischt mit "night of the living dead" und ich danke herzlich für diesen Mix.

Edit: Da du grad Kitano erwähnst, das Ende von "Violent Cop" ist fast eins zu eins ein Zitat aus einem ähnlichen Ende bei William Friedkins "To live and die in L.A." mit der gleichen Wirkung und der gleichen Aussage, auch wenn Kitano niemals Zitate zugibt.

Edit zum Zweiten: Ich sehe in Departed vielmehr alte Gangsterstreifen aus den früheren Hollywood-Studios als Infernal Affairs, obwohl die Handlung 1:1 umgesetzt ist.

(Diese Nachricht wurde von Farman am 24.01.2008 21:44 editiert.)

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Ich vermag natürlich besser zu dichten, als wie's hier geschieht. Ich spare mich für später auf.
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